CSRD – Nachhaltigkeit wird berichtspflichtig


TL;DR: Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet seit 2024 viele große und börsennotierte Immobilienunternehmen zu umfassenden Nachhaltigkeitsberichten und verknüpft diese direkt mit der EU‑Taxonomie. Auch nicht direkt betroffene Projektentwickler, Investoren und Bestandshalter müssen künftig standardisierte Daten zu Scope 1‑3‑Emissionen, Lebenszyklus‑CO₂‑Werten und sozialen Mindeststandards liefern, weil ihre Finanz‑ und Geschäftspartner diese Informationen verlangen. Wer Prozesse und IT‑Systeme frühzeitig anpasst, reduziert regulatorische Risiken und verbessert gleichzeitig den Zugang zu Kapital und Märkten.

Was ist die CSRD?

Die CSRD[1] ist ein zentrales Element der europäischen ESG‑Regulierung. Als Richtlinie[2] wurde sie im Dezember 2022 verabschiedet und ersetzt die Non‑Financial Reporting Directive (NFRD). Sie führt stufenweise eine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ein – auch für mittelständische Immobilien­­projekt­­entwickler, Investoren und Bestandhalter, abhängig von ihrer Unternehmensgröße (nach Mitarbeiteranzahl, Umsatz oder Bilanzsumme).

Aufbauend auf der EU‑Taxonomie schafft die CSRD Transparenz, indem sie Unternehmen verpflichtet, im Lagebericht oder in einem separaten Nachhaltigkeitsbericht Angaben zu Umwelt, Soziales, Governance und Taxonomie‑Konformität offenzulegen. Die Struktur der Berichte richtet sich nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS).

Wer ist betroffen?

Nicht börsennotierte Unternehmen mit mehr als 1 000 Beschäftigten oder über 50 Mio. € Jahresumsatz sowie fast alle börsennotierten Unternehmen (außer Mikro‑Unternehmen) fallen unter die Berichtspflicht. Kleinere, nicht direkt betroffene Firmen können den Voluntary Sustainability Reporting Standard for non‑listed SMEs (VSME) nutzen, um freiwillig zu berichten oder Daten für Geschäftspartner bereitzustellen.[3]

Was regelt die CSRD konkret?

Die CSRD schreibt vor, dass Unternehmen innerhalb des Lageberichts oder in einem gesonderten nichtfinanziellen Bericht nachhaltigkeitsrelevante Informationen veröffentlichen – also nicht nur zu Umweltfragen, sondern auch über soziale Belange, Governance-Strukturen sowie die Umsetzung der EU-Taxonomie. Konkret umfasst die CSRD unter anderem die Offenlegung von:

  • ESG-Strategie, Ziele und Governance-Strukturen
  • Wesentlichen Auswirkungen des Unternehmens im Zuge der „doppelten Wesentlichkeitsanalyse“. Hier soll einerseits die Wirkung des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft („Inside-Out“) sowie andererseits, die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen („Outside-In“) analysiert und offengelegt werden.
  • Sozialen Kennzahlen (z. B. Arbeitssicherheit, Gleichstellung)
  • Anteil taxonomiefähiger/-konformer Wirtschaftstätigkeiten
  • Umweltdaten wie Treibhausgasemissionen (Scopes 1 – 3)

Deep Dive: Scopes 1 - 3 kurz erklärt

Gerade Scope 3 ist für die Immobilienwirtschaft relevant: Unternehmen, die selbst nicht berichtspflichtig sind – z. B. kleinere Bauunternehmen, Gebäudetechniker, Facility-Manager, Lieferanten von Baustoffen oder externe Dienstleister in der Vermietung – können durch ihre Tätigkeiten in den Scope-3-Emissionen eines berichtspflichtigen Unternehmens enthalten sein. Diese Akteure werden künftig vermehrt Daten liefern und Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen müssen, um Kunden bzw. Auftraggebern ihre eigene Berichterstattung zu ermöglichen.[4] An dieser Stelle kommt der Standard für die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung (VSME) wieder ins Spiel. Der VSME-Standard definiert die maximale Datentiefe, die CSRD berichtspflichtige Unternehmen von KMUs in ihrer Wertschöpfungskette verlangen dürfen.

Die Rechtslage in Österreich

Die CSRD ist eine EU-Richtlinie und muss von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht überführt werden. In Österreich ist das noch nicht passiert. Der Entwurf des Nachhaltigkeits­bericht­erstattungs­gesetzes (NaBeG) liegt vor, ist aber Stand Juni 2025 nicht verabschiedet. Bis dahin gilt das NaDiVeG, das die CSRD‑Anforderungen aber nicht vollständig abdeckt. Um der damit einhergehenden rechtlichen Unsicherheit vorzubeugen, berichten viele betroffene Unternehmen bereits heute freiwillig nach CSRD. Künftig drohen bei Verstößen nach Unternehmensgröße abgestufte Verwaltungsstrafen.

Auswirkungen auf die österreichische Immobilienbranche

Auch wenn das NaBeG derzeit noch fehlt, ist bereits absehbar, dass einige Akteure in der österreichischen Immobilienwirtschaft – insbesondere größere Projektentwickler (Trader Developer[5]), institutionelle Investoren und Bestandhalter – künftig direkt berichtspflichtig sein werden. Die meisten anderen Unternehmen – etwa Bauunternehmen, Gebäudetechniker oder Facility‑Manager – werden ESG‑Daten liefern müssen, weil sie Teil der Scope‑3‑Emissionen ihrer Partner sind. Dabei geht es um Informationen, wie beispielsweise:

  • Primärenergiebedarf neuer Gebäude
  • GWP‑Werte (Global Warming Potential) eingesetzter Baustoffe
  • Renovierungsfahrpläne für Bestandsobjekte
  • Energieausweise, Wartungsprotokolle und Verbrauchsdaten für Heiz-, Kühl- und Belüftungssysteme

Die für die Berichterstattung benötigten Daten existieren meist bereits, liegen aber in heterogenen Formaten vor. Die Hauptarbeit besteht daher in der strukturierten, standardisierten Zusammenführung.[6]

Deep-Dive: Auswirkungen auf Finanzierung

Die Offenlegungspflicht von Kreditinstituten entfaltet indirekte Wirkung auf die Finanzierung von Immobilienprojekten. Finanzinstitute, die unter die CSRD fallen, müssen in ihrer Berichterstattung auch Scope-3-Emissionen offenlegen.[7] Diese umfassen alle indirekten Emissionen entlang der Finanzierungsbeziehungen, darunter auch solche, die mit Immobilienprojekten in Verbindung stehen. Was im Zusammenhang mit der CSRD als „Trickle-Down-Effekt“ bezeichnet wird, heißt konkret: Wenn eine Bank ein Wohnbauprojekt finanziert, muss sie künftig nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Auswirkungen dieser Finanzierung erfassen und berichten – etwa hinsichtlich CO₂-Emissionen, Energieeffizienz oder Taxonomiekonformität des Projekts. Der finanzierte Immobilienentwickler oder -investor wird damit Teil des Scope-3-Berichts der Bank. In der Praxis führt das dazu, dass Banken entsprechende ESG-Daten und Nachweise vom Projektentwickler einfordern. Wie in der nachfolgenden Grafik dargestellt, fließen in die Risikobewertung des Kreditinstitutes nicht nur die Scope 1-3 Emissionsdaten ein, sondern auch die Qualität der zur Verfügung gestellten Daten mittels eines Scoring-Systems für Datenqualität. Auch ohne eigene Berichtspflicht entsteht so ein erheblicher Informations- und Dokumentationsbedarf aufseiten des Immobilienunternehmens.

Fazit: die CSRD hat signifikante Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft

Die CSRD schafft ein verbindliches, europaweit einheitliches Rahmenwerk für ESG‑Berichte und verknüpft diese mit der Kapitalbeschaffung. Für die österreichische Immobilienwirtschaft heißt das:

  • ESG‑Daten werden ähnlich relevant wie Finanzkennzahlen.
  • Direkt oder indirekt muss fast jedes Unternehmen der Branche liefern.
  • Frühzeitige Prozess‑ und IT‑Anpassungen reduzieren Risiken und sichern Markt‑ und Kapitalzugang.

Auch ohne nationale Umsetzung durch das NaBeG entfaltet die CSRD bereits faktisch Wirkung und setzt neue Anforderungen an ESG-Daten, Dokumentation und Projekttransparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Gemeinsam mit der EU‑Taxonomie und der EU‑Gebäuderichtlinie entsteht ein dichtes Regulierungsnetz, das Baupraxis, Reporting und Finanzierung eng verzahnt.

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