TL;DR: Die EPBD-Novelle verschärft Energie- und CO₂-Vorgaben für Neubau und Bestand deutlich: Ab 2030 müssen alle Neubauten als Zero-Emissions-Buildings gebaut werden, Bestandsgebäude müssen bis 2035 umfassend saniert sein. Die Richtlinie liefert die technischen Schwellenwerte für die EU-Taxonomie und fließt in die CSRD-Berichterstattung ein. In Österreich stehen die OIB-Richtlinien-Überarbeitung, der nationale Renovierungsplan und neue Förder- und Steuerinstrumente bereit, um diesen Wandel umzusetzen.
Was ist die EPBD?
Die Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) ist die zentrale EU-Richtlinie zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden. Die jüngste Fassung wurde im April 2024 verabschiedet[1] und ersetzt die Version von 2018. Ihr Ziel ist es, die CO₂-Emissionen des Gebäudesektors deutlich zu senken und ab 2030 alle Neubauten als „Zero Emission Buildings“[2] auszuführen.[3]
Die Richtlinie enthält unter anderem folgende Kernpunkte:
- Verbindliche Mindestanforderungen an die Energieeffizienz von Neubauten und Bestandsgebäuden
- Dekarbonisierung von Heizsystemen, um den Einsatz erneuerbarer Energien zu erleichtern
- Nationale Renovierungsfahrpläne mit verpflichtenden Sanierungszielen
- Verdopplung der jährlichen Renovierungsquote, sodass bis 2030 EU-weit rund 35 Millionen Gebäude saniert werden
Darüber hinaus stärkt die EPBD Prinzipien der Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz, indem sie die Vorgaben betreffend Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes – von der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung – verschärft.
In welchem Zusammenhang steht die EPBD mit der EU-Taxonomie-Verordnung (EU-Tax-VO) und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)?
EU-Taxonomie
Die EPBD bildet die technische Grundlage für zentrale Kriterien der EU-Taxonomie, insbesondere bei den Wirtschaftstätigkeiten „Neubau“ und „Renovierung“. Die Taxonomie verweist direkt auf die in der EPBD festgelegten Schwellenwerte zum Gebäude-Primärenergiebedarf. Wer ein Gebäude als taxonomiekonform deklarieren möchte, muss daher die EPBD-Standards einhalten.
CSRD
Berichtspflichtige Unternehmen müssen ihre Scope-1- bis Scope-3-Emissionen offenlegen und Fortschritte bei ihren Nachhaltigkeitszielen belegen. Für Immobilienentwickler bedeutet das: EPBD-Kennzahlen – etwa Energieausweis-Daten, Treibhauspotenzial oder ein Renovierungsfahrplan für Bestandsimmobilien – fließen in die Nachhaltigkeitsberichterstattung ein und werden prüfpflichtig. Wie bereits im Blogbeitrag „CSRD – Nachhaltigkeit wird berichtspflichtig“ erläutert, trifft dies indirekt auch nicht-berichtspflichtige Unternehmen, sobald sie mit CSRD-pflichtigen Partnern zusammenarbeiten, z. B. in der Immobilienfinanzierung.
Was bedeutet die EPBD für Projektentwickler im Wohnbau?
Für Projektentwickler bringt die neue EPBD v. a. folgende Auswirkungen:[4]
- Neubau: Ab 2030 müssen alle neuen Wohn- und Nicht-Wohngebäude als Zero-Emission Buildings errichtet werden; öffentliche Neubauten erfüllen diesen Standard bereits ab 2028. Das bedeutet: kein Einsatz fossiler Brennstoffe, sehr geringer Primärenergiebedarf (≤ ZEB-Schwellenwert) und vollständige Deckung durch erneuerbare oder leitungsgebundene Energie. Zusätzlich wird die PV-Pflicht ausgebaut: öffentliche Nicht-Wohngebäude benötigen ab 2026 Photovoltaik, für Wohngebäude ist sie spätestens ab 2030 verpflichtend, sofern technisch und wirtschaftlich machbar.
- Bestandsgebäude: Für Wohngebäude ist der Primärenergieverbrauch bis 2030 um 16 % und bis 2035 um 20 % zu senken. Mehr als die Hälfte dieser Einsparung muss aus den energetisch schlechtesten Objekten stammen. Bei Nicht-Wohngebäuden müssen die 16 % ineffizientesten Gebäude bis 2030 und die 26 % schlechtesten bis 2033 saniert werden. Öffentliche sowie sonstige Nicht-Wohngebäude brauchen ab 2027 verpflichtend PV-Anlagen.
- Nachhaltige Mobilität: Neubauten und umfassend sanierte Objekte mit mehr als fünf Stellplätzen müssen künftig (Zeitpunkt abhängig von nationaler Umsetzung) jeden fünften Platz mit einem Ladepunkt ausstatten; alle übrigen Stellplätze sind vorzuverkabeln oder mit Leerrohren zu versehen. In bestehenden Gebäuden gilt alternativ: 10 % Ladepunkte oder 50 % Vorverkabelung. Zudem sind ausreichende Fahrrad- und Lastenradstellplätze verpflichtend einzuplanen.
- Heizsysteme: Die Mitgliedstaaten müssen einen fossilen Heizausstieg bis 2040 festlegen. Subventionen für neue Öl- oder Gasheizkessel sind EU-weit ab 1. Januar 2025 untersagt. Förderungen werden stattdessen auf Wärmepumpen, Fernwärme, Biomasse- und Hybridlösungen ausgerichtet, sodass Fossilkessel in Neubauprojekten faktisch nicht mehr wirtschaftlich sind.
Wie wird die EPBD in österreichisches Recht überführt?
Die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) wird in Österreich vor allem über die bautechnischen Vorschriften des Instituts für Bautechnik (OIB) und ergänzend durch die Bauordnungen der Bundesländer umgesetzt. Einzelne Vorgaben der EPBD finden bereits Eingang ins Landesrecht; die vollständige Umsetzung der neuen Fassung steht jedoch noch bevor. Der aktuelle Stand lässt sich wie folgt zusammenfassen:[5]
- OIB-Richtlinien: Die OIB Richtlinie 6 betreffend dem energetischen Verhalten von Gebäuden, wird 2025 vollständig überarbeitet, damit sie ab Mai 2026 die neuen Zero-Emission-Grenzwerte abbildet. Die neue OIB-Richtlinie 7 betreffend der Nutzung von natürlichen Ressourcen ist für 2027 vorgesehen und soll erstmals Lebenszyklus-CO₂-Grenzen und einen Material- und Rückbaupass pro Gebäude vorschreiben. Parallel passen die Bundesländer ihre Bauordnungen an. Erste Entwürfe in Wien, Oberösterreich und der Steiermark kündigen bereits PV-Pflichten, E-Lade-Vorverkabelung und Smart-Ready-Anforderungen an.
- Nationaler Gebäuderenovierungsplan (NGRP): Das Klimaschutzministerium (BMK) muss der EU bis Ende 2026 einen nationalen Gebäuderenovierungsplan vorlegen; derzeit liegt ein Arbeitsentwurf vor. Der NGRP definiert künftige Renovierungsziele, Meilensteine und Förderkulissen für den heimischen Gebäudebestand.
- Förder- und Steuerinstrumente: Österreich richtet seine Förder- und Steuerinstrumente gezielt auf die EPBD-Vorgaben aus. Der „Raus aus Öl & Gas“-Bonus und das Erneuerbare-Wärme-Gesetz fördern und erzwingen gleichzeitig den Heizausstieg (Öl bis 2035, Gas bis 2040).[6] Ein Öko-Investitionsfreibetrag erlaubt zusätzlich 15 % steuerliche Abzugsfähigkeit für ZEB-Bauteile, Photovoltaik, Speicher und Ladepunkte.[7] Steigende CO₂-Preise im nationalen Emissionshandel verschieben die Wirtschaftlichkeit weiter zugunsten energieeffizienter, erneuerbarer Lösungen.[8]
Fazit: Die EPDB macht nachhaltiges Bauen zum Pflichtprogramm
Die novellierte EPBD macht klar, dass der EU‑Gebäudesektor in den nächsten fünf Jahren einen Paradigmenwechsel vollziehen muss: Null‑Emissions‑Neubau ab 2030, Pflichtsanierungen im Bestand, PV-Anlagen und Ladeinfrastruktur, fossiler Heizausstieg sowie Lebenszyklus‑CO₂‑Nachweise. Für Projektentwickler im Wohnbau bedeutet das, Energie‑ und CO₂‑Vorgaben nicht mehr als Zusatz, sondern als festen Bestandteil zu betrachten. Gleichzeitig verknüpft die Richtlinie sich direkt mit der EU‑Taxonomie (technische Bewertungskriterien) und der CSRD (prüfpflichtige Offenlegung von Scope‑1‑ bis 3‑Daten) – wer EPBD‑Standards verfehlt, gefährdet künftig Finanzierungsfähigkeit, Förderzugang und Genehmigungen. Österreich schafft mit der Überarbeitung der OIB‑Richtlinien, dem nationalen Gebäuderenovierungsplan und gezielten Förder- und Steueranreizen bereits die Leitplanken, um Investitionen wirtschaftlich darstellbar zu machen.
Neben den bereits im Beitrag für detaillierte Informationen angeführten Leseempfehlungen empfehlen wir folgende Publikationen zum Wesen der EPBD und deren Auswirkungen auf die Bau- und Immobilienwirtschaft:
- Arup and World Business Council for Sustainable Developement (WBCSD): Achieving net-zero buildings – An action plan for market transformation, abrufbar unter: wbcsd-achieving-net-zero-buildings--market-transformation.pdf
- Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK): Ausrichtung des Immobilienkreditportfolios am 1,5-Grad-Ziel von Paris, abrufbar unter: Ausrichtung des Immobilienkreditportfolios am 1,5-Grad-Ziel von Paris
- Buildings Performance Institute Europe (BPIE): Aufbau einer Datenbank über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in Deutschland. Von EU-Nachbarn für eine Umsetzung in Deutschland lernen, abrufbar unter: Eine Datenbank über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in Deutschland. Von EU-Nachbarn für eine Umsetzung lernen. > BPIE - Buildings Performance Institute Europe